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Barbara-Altar

Die Evangelische Stadtkirche Schwaigern blickt auf über 800 Jahre Geschichte zurück. Bereits um 1200 entstanden erste romanische Bauteile, die bis heute im Kirchenbau erkennbar sind. Als Kirchenbaumeister Bernhard Sporer 1514 im Auftrag von Graf Wilhelm von Neipperg mit dem Neubau begann, befand sich eines der wichtigsten Kunstwerke bereits im Gotteshaus: der Barbara-Altar des Malers Jörg Ratgeb.

Ratgeb, um 1480 in Schwäbisch Gmünd geboren, zählt zu den bedeutendsten Künstlern der süddeutschen Renaissance. Sein Werk ist selten – umso bemerkenswerter, dass der Barbara-Altar als einziges sicher zugeordnetes Retabel bis heute an seinem ursprünglichen Platz erhalten blieb.

Der Barbara-Altar von 1510 ist Ratgebs frühestes signiertes und datiertes Werk – und ein beeindruckendes Zeugnis seines Könnens. Gestiftet wurde er vermutlich von Graf Wilhelm von Neipperg.

Ein Meisterwerk der Frührenaissance

Die Mitteltafel erzählt in eindrucksvollen Szenen das Leben und Martyrium der Heiligen Barbara.
Die linke Seitentafel zeigt Ratgeb Christus und Maria Magdalena am Ostermorgen, darüber deren mystische Kommunion.
Auf dem rechten Seitenflügel widmet Christus sich Paulus, seiner Bekehrung und weiteren Stationen seines Lebens.

Auf den Außenseiten der Flügel zieht die Welt missionarisch weiter: die Apostel verabschieden sich unter dem Segen Christi.

Feine Details – große Bedeutung

Der Altar steht auf einer kunstvoll gearbeiteten Predella, in deren Mitte einst möglicherweise Reliquien verwahrt wurden. Zwei Engel mit den Leidenswerkzeugen Christi flankieren die zentrale Nische.

Auf der unteren Rahmenleiste der Mitteltafel findet sich der lateinische Satz:

„SPES. PREMII. SOLACIUM. LABORIS.“
„Die Hoffnung auf Lohn ist der Trost für die Mühen.“

Daneben setzt Ratgeb seine Signatur – allerdings mit durchgestrichenem „M“. Den Meistertitel durfte er nicht offiziell führen, da seine Frau leibeigen war. Ein kleines Detail, das viel über die Lebensumstände des Künstlers verrät.

Jörg Ratgeb – Künstler, Bürger, Rebell

Ratgebs Leben nahm eine dramatische Wendung im Bauernkrieg von 1525. Als Mitglied eines Stuttgarter Krisenausschusses geriet er zwischen die Fronten von Stadtregierung und Bauernheer. Ratgeb informierte die Bauern über die Pläne der Stadt – ein mutiger, aber folgenreicher Schritt.

Er wurde schließlich gefasst und 1526 in Pforzheim hingerichtet. Trotz seines tragischen Schicksals lebt seine Kunst weiter – in Stuttgart, Frankfurt und ganz besonders in Schwaigern, wo sein Barbara-Altar aktuell leider nicht an Ort und Stelle zu bewundern ist, sondern ausgelagert ist in die Staatsgalerie Stuttgart. Wenn eine Klimaanlage eingebaut ist, die das Kunstwerk vor dem Schimmelbefall schützt, darf der Altar wieder zurück in seine alte Heimat.

Der Barbara-Altar mit geschlossenen Seitenflügeln